Vorurteile
Allgemeines
"Sojaprodukte sind zu teuer."
Dieses Thema wird im Eintrag →Milchpreis behandelt."Sojaprodukte schmecken mir nicht."
Geschmack ist eine individuelle Sache und es ist nicht überraschend, daß nicht jede Form von Sojaprodukten jedem Menschen gleich gut schmeckt. Aber in Anbetracht der Fülle an unterschiedlichen →Sojaprodukten und den Variationsmöglichkeiten der →Rezepte ist diese Aussage eher ein Ausdruck der Faulheit, verschiedene Sojaprodukte zu probieren.Selbst wer unter keinen Umständen Sojaprodukte konsumieren will, kann auf →Sojamilch-Alternativen ausweichen. Ein Grund →Tiermilch zu konsumieren, ist das jedenfalls nicht.
Analog dazu sei auch auf die Antwort zum →Rechtfertigungsversuch "Tofu schmeckt mir nicht" verwiesen.
"Sojaprodukte sind im Vergleich zu →Kuhmilch kalziumarm."
Dieses Thema wird im Eintrag →Kalzium behandelt."Der Anbau von Soja ist umweltschädlich."
Wie im Artikel →"Veganismus und Umwelt" dargelegt wird, sind es vor allem Nichtveganer, die durch ihre →unvegane Ernährungsweise Umweltschäden verursachen.Dieser Einwand beruht auf der Kenntnis, daß Soja teilweise auf dem Gebiet von gerodetem Regenwald angebaut wird. Das ist richtig, allerdings wird 80% des weltweiten Sojaanbaus als Tiernahrung verwendet. Da diese Mengen, die indirekt über die Tiere verbraucht werden, sehr viel größer sind, als die, die ein Mensch selbst essen könnte, verringert jeder, der vegan wird, automatisch die Sojanachfrage, selbst wenn er weiterhin Soja und Sojaprodukte konsumiert.
Auf dem Weg zur veganen Gesellschaft wird der Sojakonsum nicht
proportional zur Anzahl der Veganer steigen, da währenddessen alternative
→Pflanzenmilchsorten stärke Verbreitung erfahren werden; darüberhinaus kann der verbleibende Bedarf auch aus dem Anbau in landwirtschaftlichen Gebieten ohne Regenwaldrodung, z. B. in Frankreich, Deutschland oder China, gedeckt werden. Schon heute versichern die meisten großen Hersteller veganer Sojaprodukte, kein Soja aus Regenwaldgebieten zu beziehen.
"In meiner Sojamilch gibt es auf dem Boden der Packung einen breiigen Rückstand."
Das ist ein Rest des Sojabohnenbreis, aus dem die Sojamilch gewonnen wird. Er findet sich nur noch bei wenigen Sorten Sojamilch und ist in keiner Weise schädlich oder ungesund.Gesundheit
"Sojaprodukte sind allergieauslösend."
Allergieauslösend kann Soja sein, wenn eine →Sojaallergie vorliegt. In diesem Fall sollte man auf →Sojamilch-Alternativen ausweichen."Sojamilch soll die Anzahl der Spermien verringern."
Es gibt einige Studien, die Sojakonsum mit einer Spermienanzahlverringerung assoziieren. Diese wurden kritisiert, da sie auf fehlerhaften Untersuchungsmethoden basieren, wie z.B. adipöse Menschen als Testpersonen zu benutzen, die a) keinen gesellschaftlichen Querschnitt repräsentieren und b) bereits aufgrund ihrer Adipositas eine durchschnittlich geringere Anzahl aufweisen. Daneben war die Spermienanzahl zwar relativ gesehen geringer, aber immer noch im normalen Rahmen.Darüber hinaus muß beachtet werden, daß die Spermienanzahl allein keine Aussage über die Fruchtbarkeit macht (entgegen der Behauptung, Soja mache unfruchtbar), sondern die Spermienmobilität, Spermienmortalität, Spermienmorphologie und das Ejakulatvolumen genauso wichtig ist.
Nicht zuletzt gab es nur einige (fehlerhafte) Studien, die dies vermuteten. Viele andere Studien haben keinen negativen Effekt von Sojaprodukten auf die Spermienanzahl feststellen können.
"In Asien wird wesentlich weniger Soja konsumiert (10 g pro Tag) als behauptet, damit sind empirische Argumente unzulässig."
Laut der Studie "Kobayashi: Trends in national nutritional survey of Japan" (in: Nutr. Health 8 (2-3), S. 91-96) liegt der Konsum in Japan bei 65 g/Tag und in manchen Regionen in China bei bis zu 76 g/Tag."Ernährungs-Tierversuche mit Sojaprodukten haben gezeigt, daß ..."
Ernährungs-Tierversuche mit Avocados haben gezeigt, daß sie für Wellensittiche giftig sind. Anders gesagt: Versuche mit nichtmenschlichen Tieren sind eben →nicht auf Menschen übertragbar und daher aussagelos."Soja ist giftig/schädlich, weil es ..."
... Phytate/Phytinsäure enthält.Phytinsäure wird zum einen durch die körpereigene Phytase sowie durch Phosphatase aus pflanzlicher Nahrung gespalten und unschädlich gemacht. Daneben wird bei der Herstellung verschiedener Sojaprodukte Phytinsäure durch den Fermentierungsprozeß sowie bei der Zubereitung durch Erhitzen reduziert.
Einen hohen Phytinsäuregehalt besitzen übrigens auch Reis, Weizen, Mais, Roggen, Gerste und Erdnüsse.
... Carrageen enthält.
Soja enthält keineswegs Carrageen, vielmehr ist dies ein auch für Bio-Lebensmittel zugelassenes Verdickungsmittel aus Algen, das bei verschiedenen, überwiegend unveganen, Produkten (u.a. Trockenmilch und Dickmilcherzeugnissen, Sahne, Pudding- und Dessertpulver, Eiscreme, Ketchup, Süßigkeiten) verwendet wird. Wer es vermeiden will, muß sich lediglich über die jeweiligen →Inhaltsstoffe informieren.
... Fluor enthält.
Sojabohnen enthalten ca. 0,3 mg/100 g, aus einem Kilo werden sieben Liter Sojamilch hergestellt, d.h. ein Liter Sojamilch enthält ca. 0,4 mg. Bei einer toxischen Dosis von 20 mg müßten also 50 Liter Sojamilch täglich getrunken werden, um eine Fluorvergiftung zu bekommen, was reichlich schwierig sein dürfte (und das auch nur, wenn Fluor zu 100% resorbiert werden würde). Entsprechendes gilt für Tofu (18 kg täglich) und TVP (mindestens 6,5 kg täglich).
Daneben ist Fluor ein Spurenelement und wird für den Aufbau von Knochen und Zähnen benötigt, es ist also in den kleinen in Sojaprodukten enthaltenen Mengen nicht schädlich, sondern gesund.
... Protease-Inhibitoren (z.B. Trypsinhemmer) enthält.
Protease-Inhibitoren werden einerseits bei der Herstellung von Sojaprodukten durch Verfahren wie Erhitzen oder Raffinieren denaturiert und damit unschädlich gemacht und andererseits wurde ermittelt, daß sie zu 90% nicht aufgenommen, sondern wieder ausgeschieden werden ("Protease inhibitors in plant foods. Content and inactivation", in: Advances in experimental medicine and biology, Heft 199, Seite 299-347).
... Cadmium enthält.
Die Studie "Cadmium And Lead Content Of Soybean Products" (Journal of Food Science, Heft 45, Nr. 5, Seite 1105-1453) kommt zu dem Ergebnis, daß Sojaprodukte weder relevante Mengen Cadmium noch Blei enthalten und sie bezieht sich auf Soja allgemein. Die Studie, die für die Cadmiumhaltigkeit dahergebetet wird, bezieht sich hingegen nur auf bestimmte, verarbeitete Sojasäuglingsnahrung.
... Phytoöstrogene (insbesondere Isoflavone wie Genistein, Glycitein, Daidzein) enthält.
Diese Stoffe sind nicht schädlich, sondern für den Schutz vor Osteoporose, Wechseljahresbeschwerden und Krebserkrankungen verantwortlich.
Zu gegenteiligen Behauptungen heißt es bei der Isoflavon-Forschungsinitiative e.V.:
Die Hypothese, dass Isoflavone möglicherweise Krebs auslösen könnten, scheint durch experimentelle Studien gestützt zu werden – Studien, bei denen Isoflavone das Wachstum menschlicher Brustkrebszellen, die in Versuchstiere transplantiert wurden, förderten. Dieses Modell wurde jedoch als viel zu künstlich kritisiert: Die Tiere hatten keine eigene Estrogenproduktion und kein Immunsystem, und sie erhielten die Isoflavone in unglaublich hohen Dosen. Schlimmer noch: in diesem Modell spielt der Estrogen-beta-Rezeptor keine Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass bereits eine kleine Abwandlung der Studienbedingungen in Richtung eines etwas natürlicheren Umfeldes das Krebszellwachstum nicht länger fördert, sondern im Gegenteil hemmt!Zu der Behauptung, Soja könnte durch die enthaltenen Phytoöstrogene zu Schilddrüsenunterfunktion oder ähnlichem führen, heißt es dort:
Dass diese vermeintlich das Krebsrisiko bestätigenden Tierversuche für den Beleg eines Risikos gar nicht geeignet sind, wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass diese Hypothese den Beobachtungen an mittlerweile weit mehr als 400.000 Frauen in epidemiologischen Studien widerspricht, ebenso wie den Ergebnissen klinischer Studien, in deren Verlauf Biomarker der Sicherheit an der Brust gemessen wurden.
Noch einmal: diese Behauptungen können auf In-vitro-Experimente und Tierversuche zurückverfolgt werden, aus denen geschlossen wurde, daß Isoflavone die Symptome von Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion verschlechtern können, insbesondere wenn diese Frauen an Jodmangel leiden. Noch einmal: dieses Risiko wurde in klinischen Bebachtungen nicht bestätigt. Eine neue Überprüfung der verfügbaren klinischen Daten ergab, daß selbst Erwachsene mit Schilddrüsenunterfunktion Soja nicht vermeiden müssen.Siehe dazu außerdem →Die (wirkliche) Wahrheit über Soja.
... Aluminium enthält.
Auch das bezieht sich nur auf bestimmte Sojasäuglingsnahrung und selbst dort liegen erstens die gefundenen Mengen innerhalb der Toleranzgrenze der WHO und zweitens gibt es keine Informationen zu Langzeitwirkungen einer erhöhten Aluminiumaufnahme bei Kindern (so eine Stellungnahme der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin et al.).
... Lektine, Lysinoalanin, Hämagglutinine enthält.
Auch diese werden bei der Herstellung von Sojaprodukten durch Verfahren wie Erhitzen denaturiert und damit unschädlich gemacht.
Darüber hinaus sind diese Stoffe auch in vielen anderen Nahrungspflanzen (wie Tomanten) enthalten.
... Goitrogene enthält.
Soja enthält Goitrogene genauso wie etliche andere Nahrungspflanzen (Brokkoli, Raps, Hirse, Mais, Kohl, Radieschen usw.). Solange keine konkreten Zahlen über die Menge vorliegen, ist diese Aussage genauso irrelevant wie die anderen.
... Raffinose und Stachyose enthält.
Dies sind Kohlenhydrate (Mehrfachzucker), die in vielen Hülsenfrüchten vorkommen und schlimmstenfalls zu Blähungen führen können. Das als "schädlich" zu bezeichnen ist reichlich übertrieben.
"Sojaprodukte enthalten nur denaturiertes und damit minderwertiges Eiweiß."
Diese Aussage unterschlägt, daß die Denaturierung von Proteinen dafür sorgt, daß sie von Verdauungsenzymen besser angegriffen werden können (die Proteinstruktur entfaltet sich), weshalb Proteine während der Verdauung durch die Magensäure denaturiert werden. Die Denaturierung durch Hitze bei der Herstellung von Sojaprodukten greift diesem Prozeß lediglich vor.silch.de/vorurteile (etwa 12050 Zeichen)
Martin Pätzold, 10. September 2008, 13. Oktober 2009